Costa del Sol
Buzios
Wir fahren anschließend so um die 50 km an der Costa del Sol weiter Richtung Buzios und kommen bis in die Nähe von Vila Canal. Hier finden wir eine verlassene Strandpromenade, die gerade renoviert wird und stellen uns mehr oder weniger mitten hin. Da Gizmo mit seinem Cocktail aus Antibiotika und „Allergietabletten“ extrem viel Durst hat und daher keine Nacht mehr durchhält, versuchen wir trotz allgemeiner Müdigkeit noch etwas wach zu bleiben, sonst muss Haimo schon um 2.00 mit Gizmo raus. Wir schlafen aber leider alle im Sitzen ein und so kommt es genau so – der Wecker wird gestellt und die Männer gehen um 2.00 kurz Gassi.
Nach 10 Tagen Großstadt-Lärm am Parkplatz in Rio ist dieses Nacht die erholsamste seit langem. Da es hier keine dröhnenden Motoren um 5.00 früh gibt, schlafen wir endlich wieder einmal durch bis zum Wecker-Läuten.
Beim Frühstück sind wir etwas wehmütig – heute haben wir strahlendes Wetter – hätten wir das gestern gehabt, dann wäre der Hubschrauber Rundflug möglich gewesen in Rio. Wir überlegen kurz, ob wir die paar Kilometer nach Rio zurück fahren sollen....hm...nein, wir werden bestimmt bald wieder hierher kommen...
Wir setzen unseren Weg an der Costa del Sol fort – der Name ist Programm – die Sonne lacht vom Himmel und wir fahren kilometerlang an weißen Sandstränden vorbei, allesamt fast leer und nur von Einheimischen frequentiert. Wir sehen absolut keine Touristen und auch die Einwohner hier dürften nicht oft welche zu Gesicht bekommen.
Schließlich kommen wir im berühmten Buzios an – dem In-Badeort der 60er Jahre – genannt auch „Saint Tropez der Tropen“. Das ehemals verschlafene Fischernest mit 27 Buchten und 18 Inseln gelangte zu seiner Berühmtheit, als Brigitte Bardot 1964 – verfolgt von Fans und Presseleuten – aus Rio floh. Sie landete in dem Fischerdorf und blieb – von da an gaben sich hier die Berühmtheiten die Klinke in die Hand. Die Attraktion hier sind die wunderschönen Strände und wer gerne taucht, kommt hier ebenfalls auf seine Kosten.
Leider regnet es seit unserer Ankunft am Abend und wir können nicht wirklich die Umgebung erkunden. Wir beschließen also die Bistro Bar nebenan zu konsultieren und das Gewitter hier abzuwarten.
Der nächste Morgen beginnt ebenso regnerisch. Da wir nichts unternehmen können bei dem Wetter beschließen wir den Laundromaten zu testen, den wir in Buzios beim Vorbeifahren gesehen haben. Wer weiß, vielleicht haben wir Glück und können endlich einmal selbst waschen. Tatsächlich – man darf seine Wäsche selbst in den Automaten stecken. Nach kurzer Rücksprache ist die Euphorie nicht mehr so groß: Ein Waschgang dauert eine halbe Stunde mit kaltem Wasser (da wird die Wäsche sicher bestimmt so richtig sauber) und hernach brennt der heiße Trockner die Flecken in einer Dreiviertel Stunde so richtig gut rein. Was soll man sagen – „Welcome to South America“. Aber besser als nix – immerhin können wir uns die Wäsche diesmal selbst kaputt machen.
Da wir einen riesigen Berg an Wäsche haben sitzen wir ein paar Stunden in dem Laden – anschließend wird noch nebenan Mittag gegessen und danach fahren wir für eine weitere Nacht zurück an unseren Lagerplatz an der Praia do Forno. Der Regen ist vorbei und die Moskitoplage beginnt – um 18.00 flüchten wir ins Zebra vor den Schwärmen an Blutsaugern – die Nacht ist extrem heiß und Gizmo hechelt bis in die Morgenstunden durch. Er hat noch immer sein Winterfell – wir hoffen inständig auf baldigen Fellwechsel.
Nach dem Frühstück setzen wir unseren Weg an der Küste fort und schaffen es bis Sao Francisco de Itabapoana – hier stellen wir uns einfach an die Küste zum alten Leuchtturm. Es ist extrem windig – die Böen haben es in sich – aber wir sind froh: starker Wind bedeutet keine Moskitos. Die Nacht ist trotz der lauten Windgeräusche halbwegs gut – bis um 4.00 ein Auto um uns kreist, das sich Dank seines kaputten Auspuffs zuerst wie ein Motorrad anhört. Wir sind hellwach – alle Brasilianer haben uns vor den Überfällen durch Leute auf Motorrädern gewarnt. Fehlalarm – es ist nur ein PKW mit jungen Leuten, der eine Runde um den Leuchtturm dreht und dann wieder fährt.
Bei Tageslicht betrachtet ist der Strandabschnitt ziemlich schön – ein paar Einheimische kommen zum Sonnenbaden, während wir frühstücken. Auf der Weiterfahrt fällt auf, dass die Landschaft etwas karger wird – das Grün ist nicht mehr ganz so üppig. Bei der Durchfahrt durch Itabapoana müsen wir herzhaft lachen – man durchfährt das Straßendorf und wird Zeuge des täglichen Lebens. Die Damenrunde färbt sich gegenseitig auf der Straße die Haare – klar, bei der Hitze – hier geht wenigstens ein bisschen Wind. Die Männer sind etwas anspruchsvoller – mitten in einem Tool-Time Laden ist ein Profi-Frisörstuhl aufgebaut, einer der Männerrunde bekommt gerade einen Haarschnitt verpasst und diskutiert mit den anderen über eine Bohrmaschine im Regal. Welch geniales Geschäftsmodell....Männerfrisör!! Als wir an der Imbissbude vorbeikommen stehen dort die Ortspolizisten mit den Einheimischen und schauen uns etwas verdattert nach, als wir da durch ihren Ort fahren. Wenig später hören wir hinter uns eine Sirene – verdammt – haben wir was falsch gemacht? Die beiden Polizisten von der Imbissbude stehen vor uns und reden auf Portugiesisch auf uns ein. Tja, Spanisch und Englisch haben sie leider nicht im Repertoire – das kann anstrengend werden. Nach einer Viertelstunde glauben wir zu wissen, dass sie uns eigentlich nur sagen wollten, dass wir wahrscheinlich falsch gefahren sind, denn an der Küstenstraße Richtung Norden sind wir falsch abgebogen – hahaha! Ok – stimmt – vor lauter lachen über die Ortsszenerie sind wir tatsächlich falsch abgebogen....Jaja, der Polizist, dein Freund und Helfer!
In Vitoria stocken wir unsere Vorräte auf und wechseln auf die BR 262 Richtung Ouro Preto bzw. Belo Horizonte. Letztere ist Hauptstadt der Provinz Minas Gerais – wie der Name schon sagt – ist dieses Gebiet reich an Bodenschätzen und war somit von Anfang an im Visier der Kolonialherrschaften. Hier befinden sich Vorkommen an Eisenerz, Gold und Silber, ebenso werden hier viele Edelsteine gefunden. Heute liegt das Zentrum der Schwerindustrie hier. Wie überall in Brasilien können wir uns nur einige Punkte zur Besichtigung herauspicken. Auf jeden Fall freuen wir uns auf das moderate Klima – hier sind wir wieder in etwas höheren Lagen unterwegs und es wird nicht mehr ganz so heiß sein. Wir möchten auf jeden Fall die wunderschöne Barockstadt Ouro Preto besichtigen. Außerdem würden wir gerne zumindest eine der Minen besichtigen. Nördlich von Belo Horizonte warten dann die berühmten Grutas Rei do Mato und Maquiné.
Wir befinden uns wieder in ziemlich dicht besiedelten Gebiet und die Lagerplatzsuche gestaltet sich etwas schwieriger. Letztlich finden wir in den Bergen inmitten von bewachten Wohnsiedlungen ein Plätzchen für die Nacht. Hier werden wir sicher mit Argus Augen beobachtet und sind somit bestimmt sicher. Leider merken wir von der moderaten Temperatur noch nichts und die Nacht wird sehr heiß – außerdem scheinen alle Insekten der Region unbedingt das Zebra von innen sehen zu wollen – auch das begeistert uns gar nicht.
Am 14. Oktober 2018 setzen wir unsere Fahrt fort – die steile Lehmstraße aus dem abgelegenen Wohngebiet schaffen wir nur mit Reduziergetriebe und Allrad – schwer auszumalen, wie das bei Starkregen zu schaffen sein soll.
Zurück auf der BR 262 geht es wieder vorbei an üppiger grüner Landschaft. Während der Fahrt beschließen wir einen Umweg anzutreten zu einem Reservat der bedrohten Affenart Muriqui – diesen Tipp haben wir wieder mal auf iOverlander gesehen und sind gespannt, was uns erwartet.
Reserva Muriqui
Der Weg zum Reserva ist schön bzw. die Straßen in halbwegs gutem Zustand. Wir bekommen 2 tropische Regengüsse ab und es ist sehr heiß. Als wir um 17.00 ankommen treffen wir natürlich niemanden an. Wir beschließen also hier mitten im Urwald am Eingangstor die Nacht zu verbringen. Zu dritt sitzen wir also unter dem Dach der Zufahrt und lauschen im Regen und bei beginnender Dunkelheit den für uns sehr ungewohnten lauten Geräuschen des Urwaldes. Eines der Geräusche ist extrem lautet und hört sich fast an wie ein UFO Landegeräusch. Später sollten wir erfahren, dass die Insekten, die es erzeugen „Cigarras“ heißen – zu deutsch: Singzikaden. Sie ernähren sich vom Saft der Bäume und der Lärm ist wirklich unbeschreiblich. Gizmo ist das noch weniger geheuer als uns und er bleibt ungewöhnlich nah bei uns sitzen.
Die Nacht wird schwül und heiß – der arme Gizmo hechelt bis in die Morgenstunden durch – unsere Schlafphasen halten sich dadurch natürlich auch in Grenzen.
Um 9.00 finden wir uns am kleinen Besucherzentrum ein und haben Glück: Zum einen sind hier Leute und zum anderen treffen wir auf Amanda, eine Anthropologie Studentin aus South Carolina, die sich auf das Studium der „Howler Monkeys“ - also Brüllaffen spezialisiert hat, die auch in diesem Reserva zu finden sind, neben den bedrohten Muriquis und den Kapuziner Affen. Sie erzählt, dass seit der Gelbfieber Epidemie 2016 von den 700 Brüllaffen hier nur mehr 100 übrig geblieben sind. Von den Muriquis, die es nur in Brasilien gibt, leben 300 Stück der Gesamtpopulation (1.000 Stück) hier. Amanda und ihre Begleiter scheinen bereits am Aufbrechen in den Wald zu sein – für uns gibt es daher leider keinen Guide. Wir sollen doch einfach den Wald auf dem offiziellen Weg betreten – wahrscheinlich werden wir Kapuziner Äffchen sehen und wenn wir wirklich viel Glück haben auch Muriquis, die sehr groß und hell sind.
Unsere kleine Wanderung in den Urwald bei gefühlten 50 Grad Celsius und 99% Luftfeuchtigkeit ist extrem anstrengend und schweißtreibend. Wie prophezeit, sehen wir einige Kapuzineräffchen aber leider keine Muriquis oder Brüllaffen – dabei haben wir uns total unauffällig und leise bewegt ,-) Nichts desto Trotz war die Wanderung ein Erlebnis.
Anschließend setzen wir unseren Weg Richtung Ouro Preto fort. Unser Nachtlagerplatz ist leider nicht so, wie wir ihn uns vorgestellt hatten – wieder einmal können wir nicht an einem Stausee mit Cascaden lagern, weil alles abgesperrt ist. Da die Lehmpisten der Gegend im neuerlichen Starkregen eine Herausforderung werden, parken wir kurzerhand bei Dunkelheit und fast Null Sicht am Straßenrand. Die Gassirunde mit Gizmo wird im roten Lehm zur Herausforderung – Haimo hat nach dreimal ein- und aussteigen aus dem Zebra aus seinen Schuhen bereits Kiss-Plateaus gemacht. Den restlichen Abend verbringen wir mit Zebra- und Gizmo Reinigung sowie Insekten-aus-dem- Zebra-transportieren. Appetit haben wir nicht viel und die Hitze hat uns ohnehin erledigt - bereits um 20.00 sind wir alle drei streichfähig.