Pantanal – Süd

 

Der Pantanal – das größte zusammenhängende Feuchtgebiet der Welt erstreckt sich über das Dreiländereck Brasilien – Bolivien und Paraguay. Das Wort „Pantanal“ bedeutet zwar „Sumpf“ - nur trifft diese Bezeichnung nicht ganz zu – es ist eine Mischung aus Flüssen, Seen und Tropenwäldern. Hydrographisch liegt das Gebiet in einer Trockenzone – sämtliches Wasser kommt von außen. Das UNESCO Biosphärenreservat beherbergt die größte Pflanzen- und Tierartenvielfalt Südamerikas. Zudem ist der Pantanal eines der Fischreichsten Gebiete der Welt – es leben hier 260 Fischarten.

 

So – heute, den 13. November 2018 geht es weiter für uns. Wir fahren bei Miranda wieder auf die BR 262 auf – ein kleines Stück weiter geht es bereits rechts auf die Fazenda „San Francisco“. Wieder ein riesiges privates Gebiet, das für Touren in die Natur genutzt wird. Auf Camper ist man hier nicht eingestellt, somit gibt es keinen Stromanschluss – das wäre nicht im Sinne des Konzepts hier. Ja gut. Wir dürfen aber freundlicherweise am Parkplatz stehen bleiben. Wegen Gizmo fragen wir gar nicht erst, wer fragt verliert. Auch hier – obwohl es eine der größten Touristen Attraktionen ist in der Gegend, spricht niemand im Empfangs- und Administrationsbereich Englisch – auch hier leider ähnlich wie bei so manchen Attraktionen im touristischen Bonito – man gibt uns das Gefühl, dass wir selbst Schuld sind und halt Pech haben, wenn wir nicht Portugiesisch sprechen. Derartige Erfahrungen machen wir erst seit wir uns im Pantanal aufhalten, sogar in der Großstadt Rio sind die Menschen super nett und hilfsbereit.

 

Wir buchen 3 Touren sowie ein Abend- und ein Mittagessen.

 

Tour 1: Fußmarsch über Stege durch das Schwemmland

Wir haben Glück, dies sollte unsere einzige Führung auf Englisch sein. Wir sind zu viert und wandern über ein Stegesystem durch den Wald und die Feuchtgebiete. Wir sehen unzählige Vögel und Kaimane – leider bleibt uns heute die erhoffte Begegnung mit einem Jaguar verwehrt. Wie wir hören, sind die Jaguare ziemlich bequem, sie bewegen sich auch hauptsächlich auf den Stegen. Als Beweis zeigt uns unser Guide ein Handyvideo, das er von einem der Bäume gemacht hat vom über die Stege schlendernden Jaguar. Cool, wir stehen genau da, wo er vorbei gegangen ist – damals. Ein schöner Einstieg für unsere 2 Tage auf der Fazenda.

 

 

Tour 2: Nachttour zur Tierbeobachtung

Um ca. 20.00 geht es in Art Tribünenwägen raus ins riesige Gebiet der Fazenda. An der Front erhöht, sitzt unser Guide mit Suchscheinwerfer. Er erklärt sehr viel, aber leider nur auf Portugiesisch. Wir sind etwas enttäuscht, wir hatten uns so auf diese Nachttour gefreut und nun verstehen wir leider so gut wie nichts. Aber manchmal hat man Glück im Unglück und in unserem Fall heißt es „Robert“. Robert ist aus England und lebt seit Jahren in Brasilien, ist auch hier verheiratet. Als ehemaliger Weltenbummler betreibt er nun das größten Overlander Magazin in Brasilien. Er spricht uns während der Fahrt an, vermutlich, weil er unsere enttäuschten Gesichter gesehen hat und übersetzt für uns. So können wir die Nacht doch noch genießen. Wir haben Glück und sehen in den 2 Stunden einen Pantanal Hirsch, viel kleineres Wild, den großen und den kleinen Ameisenbären, einen Ozelot, Kaimane – auch Baby Kaimane, viele Vögel und Carpinchos/Capybaras (Wasserschweine).

 

 

Tour 3: Bootstour am Fluss

Diese Tour bringt etwas Abkühlung bei leichtem Fahrtwind. Zuerst gibt es eine kleine Rundfahrt – auch vorbei an einem Bootssteg – und hier treffen wir ihn: DEN Jaguar. Schlendert gemütlich über den Steg und ist dann aber von uns glotzenden, quietschenden und fotografierenden Menschen schnell genervt und zeigt uns vor dem Abgang noch seine Kehrseite. Wir sind glücklich – wir haben einen Jaguar gesehen!!!! Das Hallo auf dem Boot ist groß – leider können sich manche Leute einfach nicht leise freuen, obwohl uns das vorher eingebläut wurde...So oder so hatten wir Glück – der Truppe im anderen Boot hat sich die schöne Mietze nicht gezeigt. Einige Kaimane sehen wir wieder und viele Vögel. An der Hauptattraktion des Ausflugs können wir uns nicht so richtig erfreuen – dem Piranha-Fischen. Jeder der möchte (also fast alle) bekommt einen Bambus Stock mit Fleisch und versucht sein Glück mit viel Warten, sodass ein Piranha anbeißt. Die ganze Aktion dauert 1 Stunde und die wohlhabenden Brasilianer haben einen Mordsspaß dabei – einige können gar nicht genug kriegen und versuchen sich gegenseitig mit der Anzahl der gefangenen Fische zu übertrumpfen. Wir wären lieber etwas länger durch die schöne Landschaft gefahren – aber gut.

 

 

Nach dem Lunch verabschieden wir uns von Robert und seinem Geschäftspartner von der Zeitung – danach möchten wir mal Richtung Estrada Parque. Die Dammpiste ist 117 km lang und soll ein noch größeres Erlebnis als sämtliche Touren auf Fanzendas sein und zudem gratis. Hier erlebt man die Natur in der Natur – ohne viel Pomp. Es ist brutal heiß heute wieder und Gizmo hechelt, als wir in die Estrada Parque einbiegen. Wir schauen die lange gerade Piste entlang und sehen kein Fleckchen Schatten. Unsere Reisegeschwindigkeit wird auf dieser Piste so um die 15 bis 20 km/h betragen. Schon auf dem ersten kurzen Abschnitt kreuzen diverse Wildtiere unseren Weg – wir müssen genau schauen, fast hätten wir 2 Baby-Kaimane übersehen, die mitten am Weg lagen in der Sonne. Heute Nacht wollen wir bei einer Lodge stehen bleiben. Als wir dort aus dem Zebra steigen stellt sich endgültig so etwas wie Hysterie ein. Eine schwarze Wolke an Moskitos fällt über uns drei her und wir wissen gar nicht wie wir auf die Schnelle reagieren sollen. Zuschlagen hilft nicht, wohin?, es sind auf Haimo´s Rücken ca. 100erte Stück. Rein ins Zebra bedeutet sie alle mitnehmen – weglaufen macht keinen Sinn. Wir flüchten mal ins Anmeldegebäude und stellen fest, dass die Moskitos hier auch in den Innenräumen auf uns warten. Die gute Nachricht, wir dürfen Strom und Wasser haben, wir können am Parkplatz gegen einen kleinen Preis stehen bleiben. Die schlechte Nachricht: eigentlich wollen wir gar nicht da bleiben – hier unter den Pfahlbauten steht das Wasser und das bedeutet: Moskito-Zucht. Aber es wird dunkel – es hilft nicht. Wir überlegen was wir tun könnten, um nicht mehr raus zu müssen. Da unser Hund nicht auf die Bord Toilette pinkeln kann (und darf) – werden wir Wohl oder Übel raus müssen. Eben hat Gizmo sein Gassi verweigert – auch ihm ist das zuviel. Der Plan: um 19.00 muss alles erledigt sein – dann Licht ab – bis morgen Früh hält Gizmo durch. Das nette Angebot mit dem Pool und den Duschen möchten wir lieber nicht annehmen – die Moskitos sind überall. Wir duschen im Zebra, trinken nur etwas, Hunger haben wir in der Hitze eh keinen – auch Gizmo knabbert nur lustlos an seinen Futter-Pellets rum. Nach dem Gassi muss Gizmo draußen abgewuselt- und geklopft und danach sofort reingeschickt werden. Anschließend muss Haimo die Moskitos von sich vertreiben und auch ganz schnell reinspringen. Ich warte derweil an der Tür mit unserem super Strom-Moskito-Schläger aus China, den wir an der Ampel irgendwo in Brasilien gekauft haben. Zugegeben, wir fürchten uns ein bisschen vor ihm. Der ist nicht so ein Spielzeug wie daheim in Europa. Mit diesem Höllending kann man vermutlich eine Autobatterie laden oder ihn als Defibrillator verwenden. Das Gute: er erledigt alles, was sich ihm in den Weg stellt. Während also die beiden Jungs versuchen ins Auto zu kommen, schwinge ich den Schläger und erledige die ganzen Trittbrettfahrer-Moskitos.

 

Als wir in der Früh aufwachen und uns anschauen ist der erste Gedanke: Scheiße, Gizmo muss zum Gassi. Wir überlegen neue und effektivere Strategien. Es stellt sich heraus, dass Laufen und ins Zebra springen sowohl für Mensch als auch Tier die beste Methode ist, um die Moskitos abzuschütteln. Der wichtige Teil dabei ist, dass ich im richtigen Moment die Tür öffnen muss. Wir schaffen es ohne Verletzungen und tatsächlich, die Moskito Menge haben wir um zwei Drittel verringert.

 

Nach dem Frühstück in Form eines Glases Orangensafts flüchten wir von hier und beschließen, die tolle Estrada Parque bei der Hitze und dem Moskito Aufkommen nicht fertig zu fahren. Der Manager hier hat uns bestätigt, dass dies die Moskito-reichste Zeit wäre und es wäre ein Horror – man würde sich nie daran gewöhnen. Mal abgesehen von den Moskitos – bei der Hitze ohne Fahrtwind ist es in der Kabine hinten kaum auszuhalten – das wäre Gizmo gegenüber mehr als unfair. Wir biegen also retour Richtung BR 262 und fahren bei gutem Fahrtwind und um die 70 km/h direkt Richtung Corumbá. Während der Fahrt kletter ich nochmal zurück ins Zebra und schwinge den Elektro Schlänger so lange, bis ich kein Moskito mehr finde – hoffentlich wird die nächste Nacht erholsamer für uns.

 

In Corumbá angekommen, steht das „Atestao International“ für Gizmo ganz oben auf der ToDo Liste, um nach Bolivien ausreisen zu können. Das Gesundheitszertifikat haben wir ja bereits, anhand dessen wird das Dokument zur Ausreise von der zuständigen Behörde erstellt. Das Hauptproblem: die zuständige Behörde fühlt sich nicht zuständig. Da morgen außerdem Feiertag ist, haben wir einen gewissen Zeitdruck, eine willige Behörde zu finden. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass der zweite Stopp unserer Odyssee der richtige gewesen wäre, nur wie leider oft üblich in Brasilien, die Securities am Eingang uns mit Halbwahrheiten vertrieben haben. Am Ende des Tages und ein Wutproblem später haben wir endlich die Papiere – in Brasilien sogar gratis. Wir beschließen den Parkplatz am Flughafen als Nachtlagerplatz zu wählen – wir hoffen auf richtig schönen Asphaltboden und wenig Feuchtigkeit – als Moskito-Prophylaxe. Als wir dort ankommen, werden wir diesbezüglich enttäuscht und überrascht: Der Parkplatz ist ein wunderschön grüner, ruhiger, Provinzflughafen-Parkplatz. Niemand da. Auch keine Moskitos. Das angrenzende sehr gepflegte Wohngebiet verleiht uns eine gewisse Sicherheit – wir sind zufrieden. So zufrieden, dass wir heute wieder Mal ein Lagerbier trinken und die Ruhe genießen. Seit vielen Tagen sind wir heute das erste Mal auch wieder in der Lage zu geistiger Arbeit, also Tagebuch-Schreiben, Fotos-Sichern.

 

Der Morgen des 15. November ist toll – wir haben alle drei super geschlafen – es war angenehm „kühl“ und ruhig – wer hätte gedacht, dass ein Flughafen-Parkplatz die beste Option sein würde?

 

Wir kaufen noch ein letztes Mal in Brasilien ein, tanken Treibstoff und Wasser auf und fahren Richtung Grenze. Nun heißt es endgültig Abschied nehmen von unserem geliebten Brasilien, wenngleich wir doch zugeben müssen, der Pantanal ist nix für Weicheier – zumindest zu dieser Jahreszeit – und wir freuen uns nun auf ein etwas moderateres, weniger blutsaugendes Klima.

 


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