Minas Capillitas – Rhodochrosit

 

Heute geht es weiter Richtung Minas Capillitas. Nach Punta de Balasto biegen wir von der Ruta 40 in die RP 47 Richtung Andalgalá. Der Beginn der Strecke ist ziemlich holprig, je höher wir kommen, umso schmaler wird die Piste, aber die Aussicht ist toll. Der Abzweig „Richtung Refugio Minera y Mina Rita“ ist schon ausgeblichen und verrostet – wir folgen der immer schmaler werdenden Schotterstraße bis wir zu einem Schild kommen, das für die letzten 700 Meter eine extrem schmale und steile Strecke prophezeit, die lediglich mit Allrad zu bewältigen wäre. Wir stellen das Zebra ab und schauen uns sie Sache mal zu Fuß an – hm – das geht sich für uns nicht aus, wir sind für den ersten Felsvorsprung zu hoch und zu breit und in der Folge, bei dem Anstieg definitiv zu schwer. Wir passen. Zum Glück haben wir einen Platz zum Abstellen des Zebras gefunden und werden beim ersten Anstieg gleich mal von einem netten Polizisten mitgenommen. Oben angekommen staunen wir nicht schlecht: Mitten im Nirgendwo steht ein Hotel – da fragt man sich bei diesem einzigen Zugang wie die Materialien für den Bau hier herauf gebracht worden sind. Es ist ziemlich kalt hier und das Feuer im großen Kamin der Eingangshalle/Restaurant ist angemacht. Die beiden Damen, die hier oben die Stellung halten und sich sowohl um Haus/Gäste als auch um die Führungen kümmern sind Lilly und Maria. Wir vereinbaren die Führung für morgen Vormittag, essen heute noch eine Kleinigkeit hier oben und marschieren dann wieder runter zum Zebra und gehen mal eine Runde mit Gizmo.

 

Am nächsten Morgen läutet der Wecker schon früh, wir müssen früher raus und mit Gizmo das Morgen-Gassi zu erledigen. Wir sind dick angezogen heute – es ist bitterkalt und Nebel zieht auf. Der Fließenboden am Weg zum Hotel ist mit Eis überzogen und extrem glatt. Im Ofen brennt wieder Feuer und ein Paar aus Salta sitzt bereits beim Frühstück – auch sie möchten die Mine besichtigen. Wir begrüßen uns und frühstücken dann auch. Da das Wetter immer schlechter wird beschließen wir, dass wir erstmal das Minenmuseum im Stollen besuchen – hoffentlich wird das Wetter am Nachmittag besser. Das Museum befindet sich stilecht in einem alten Stollen nahe am Refugio und wir besichtigen es mit Helm, Stirnlampe und dick in Wintersachen eingepackt – soviel zum Thema, dass wir nicht mehr in den Winter wollen. Irgendwie findet er uns immer wieder.

 

Mittags sind wir wieder alle im Refugio und beratschlagen. Der Nebel ist dicht geworden, es hat aktuell Minus 10 Grad und wir frieren alle in der großen Eingangshalle. Die Fenster bestehen wie überall hier nur aus dünnen Holzrähmchen und dünner Einfachverglasung – es zieht wie im Vogelkäfig. Während wir uns am Feuer wärmen diskutieren wir die Möglichkeiten. Lilly und Maria sehen eher schwarz für heute, da bei dem Wetter der Aufstieg keinen Sinn macht. Wir essen alle einmal zu Mittag und fahren dann gemeinsam runter zur Schule im Tal, da es hier Internet gibt, um die Wetterprognose zu checken. Eiskratzer haben die beiden aus Salta keinen, wir helfen uns mit Wasser und einem Plastikbecher. Während die anderen in die Schule fahren besuchen wir Gizmo und gehen eine kleine Runde. Anschließend heizen wir im Zebra ein und tauen das erste Mal heute so richtig auf. Wir möchten gar nicht mehr raus aus dem warmen Zebra und da man immer aufpassen soll, was man sich wünscht, geschieht es auch so. Die anderen informieren uns am Rückweg rauf ins Refugio, dass es morgen zwar auch bitterkalt sein wird, aber Sonne angesagt ist – gut, die Entscheidung ist gefallen. Den Rest des Tages verbringen wir mit Maté-Tee-Trinken und Tagebuch-Schreiben.

 

Der 20. August beginnt so, wie der 19. aufgehört hat: bitterkalt. Die Eingangstüre ist eingefroren, als die Männer zum Gassi raus wollen. Haimo klettert über die Fahrerkabine raus und wir klopfen die Tür ab – zum Glück ist das Schloss nicht betroffen, nur das Gestänge. Wir kriegen die Tür auf und auch Gizmo kann raus.

 

Um 9.30 starten wir den Aufstieg vom Refugio Richtung Mina Rita. Der Nebel lichtet sich langsam und es hat nur mehr Minus 5 Grad. Der Weg führt steil hinter dem Haus den Berg hoch. Wir folgen einem Trampelpfad bis zu einem Friedhof. Es ist ein alter Jesuitenfriedhof aus dem Jahr 1770. Auch Angehörige der Familie Yamba sind mittlerweile hier begraben. Wie überall, wo es Indigene zwangs-zu-missionieren galt oder Bodenschätze vermutet wurden, so waren auch in dieser Gegend die Jesuiten sehr aktiv und haben damals in der Gegend Gold und Rhodochrosit abgebaut. Außerdem befindet sich im Minengebiet eine alte indigene Siedlung, die aus der Zeit vor dem Einfall der Spanier stammt.

 

Die Eingang der Mine selbst befindet sich auf 3.200 Meter – sie ist aktuell geschlossen – Gerüchten zufolge – wegen Reichtums. Die Familie betreibt ja aktuell ein großes Hotel in Andalgalá und ist nur mehr selten hier oben. Wir werden durch das Gangsystem der Mine geführt, sehen dabei auch viel Rhodochrosit in abgebauter Form und natürlich das Rohgestein selbst.

 

Zurück im Refugio kaufen wir noch ein paar Souvenirs und verabschieden uns alle herzlich von einander. In der Zwischenzeit strahlt die Sonne und die Wolken verziehen sich immer mehr – und wir setzen unseren Weg der RP 47 entlang fort Richtung Andalgalá.

 

 

RP 47 Richtung Andalgalá

 

Die Aussicht ist toll, aber die schmale und kurvenreiche Straße auf der Talseite sitzend macht ein bisschen mulmiges Gefühl im Bauch, aber wir müssen ja sowieso für die Yungas Straße üben.

 

Am nächsten Tag erreichen wir über wieder recht dicht besiedeltes Gebiet Andalgalá. Wir stocken unsere Vorräte auf. Die Stadt selbst gefällt uns nicht sonderlich, auf der Plaza humpeln und liegen viele verletzte oder verstümmelte Tiere – derartiges haben wir bis jetzt noch nicht gesehen – da bricht einem das Herz.

 

Auf der Suche nach einem Geschäft, in dem man etwas schönere Stücke Rhodochrosit kaufen kann, nicht nur die zu Modeschmuck mit Billigmaterial verarbeiteten Steine, finden wir auch das besagte Hotel der Minenbesitzer – für diesen Ort sehr groß und fast feudal – wirklich schön. Außerdem werden wir gefunden – ein Paar auf einem Motorrad spricht mich an, ob wir denn Rhodochrosit kaufen möchten – sie haben offensichtlich meine Enttäuschung gesehen, als ich vor einem geschlossenen Rhodochrosit-Geschäft stehe. Wir fahren den beiden nach zu ihrem Haus, lernen die ganze Familie kennen, schauen Roberto zu, wie er Cabuchon Steine schleift und mein dürftiges Spanisch und ich unterhalten uns derweil mit Jessica, seiner Frau. Ich frage sie, wie sie darauf gekommen ist, mich zu fragen und dass ich froh wäre darüber – sie lacht und meint, Roberto hätte sich eh nicht getraut und sie hat es einfach versucht, da ich da so verloren vor dem Geschäft gestanden hätte. Wir verstehen uns trotz der holprigen Verständigung mit den beiden netten Leuten super und haben viel Spaß. Haimo interessiert vor allem, wie man mit den groben Maschinen (sowas wäre bei uns undenkbar) derartig fragile Arbeit verrichten kann. Als es schließlich dunkel ist verabschieden wir uns, als glückliche Besitzer von ein paar rosa Steinchen mehr, herzlich voneinander, und nach einem Gruppenfoto wird noch einmal gebusselt und geherzt. Wir sind happy, nicht nur, dass die Besichtigung einer Mine geklappt hat, wir haben auch noch ein paar Steine mitnehmen können!

 


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