Einreise Peru – Puno – Grabtürme von Sillustani


1. Jänner 2019 – Neujahrstag – neues Jahr – neues Land. Wir überqueren bei Copacabana die
Grenze von Bolivien nach Peru. Die Formalitäten sind einfach und für uns unkompliziert, aber
dennoch braucht, wie üblich, alles seine Zeit. Als dann auch noch das Internet auf peruanischer
Seite ausfällt, dauert es noch länger. Der Grenzbeamte muss nun anstatt unser Fahrzeug online im
nationalen System anzumelden ein handschriftliches Formular ausfüllen. Hier kann auch die coole
Pilot Sonnenbrille und die lässige Haltung nicht mehr helfen und der ältere Beamte schaut dem
jungen – nicht mehr ganz so lässigen – Kollegen beim Arbeiten genau über die Schulter. Man
erklärt uns, dass wir später unser online Formular auch per Email zugeschickt bekommen würden,
dieses hier würde inzwischen völlig in Ordnung und gültig sein.


In Juli (so heißt der Ort) versuchen wir unser erstes Bargeld zu beheben, aber leider sind die
Automaten leer, genau wie im Ort davor. Unser Nachtlagerplatz liegt direkt am See zwischen
Bauernhöfen, aber wir haben es ruhig.


Am nächsten Tage wollen wir weiter Richtung Puno. Da es am Weg liegt, wollen wir uns „Aramu
Nuru“ ansehen – die so genannte „puerta a la nada“ – die Tür ins Nichts. Mitten in einer
Felsformation befindet sich ein heraus gemeißeltes Tor – ohne Durchbruch. Es ranken sich sehr
viele Mythen um dieses skurrile Tor, man weiß aber nicht genau, wofür es gedient hat. Gerade wird
es unter den UFO Freunden wieder sehr populär. Wir finden es ziemlich unspektakulär und wollen
ein schnelles Fotos – schnell geht leider gar nichts, denn die einheimischen Touristen posen kniend
in dem Tor (in der Hoffnung auf „Scotty Beam me up“?) und das dauert.

 

Anschließend setzen wir unseren Weg Richtung Puno bzw. Cusco fort. Direkt vor Puno hat die
SUNAT – die Zollbehörde Perus eine Kontrollstelle im Landesinneren und wir haben Glück. Die
Beamten haben gerade Zeit, sind motiviert und wollen sich ein bisschen Geld dazu verdienen – also
winken sie uns rein. Der Beamte, dessen Bart sehr an den des Verursachers des 2. Weltkrieges
erinnert, setzt das in diesen Ländern gerne benutze, streng-heroische Gesicht auf und bedeutet auf
das Zebra – er will rein sehen. Wir marschieren zur Tür der Kabine – er wartet hinten am Fahrzeug
– wir sind verwirrt. Er kommt nicht daher. Womöglich hält er die Außenwand auch für eine „Puerta
a la Nada“ - wir geben ihm nochmals zu verstehen, dass die (einzige, offensichtliche) Türe hier ist.
Die Kollegen der Gesundheitsbehörde (drei, von der SENASA) positionieren sich nun auch vor der
richtigen Tür und das gewohnte Spiel beginnt. Ich sperre auf, Gizmo schießt in voller Freude vor.
Vier erwachsene Männer in Uniform springen einen Satz zurück und deuten die Freude unseren
freundlichen Hundes, wie erhofft, als Aggression. Das Innere des Zebras wird wieder zum
Nebenschauplatz und die Beamten wollen die teuren Tier-Einreisepapiere aus Bolivien sehen. Zum
Glück – bei 150 Dollar bolivianischer Touristen-Abzocke für Gizmo´s Dokument wären wir fast
enttäuscht, wenn es gar niemand sehen wollte. Der Hitler-Bart erklärt uns, das Papier wäre falsch – es ist aus Bolivien, wir brauchen eines aus Peru. Ich erkläre ihm, dass das Papier natürlich aus
Bolivien ist, da die Einreisepapiere ja nur vom Land davor stammen könnten. Er besteht darauf, die
Papiere wären nicht Ordnung, sie müssten aus Peru sein. Ich bestehe wiederum darauf, dass sie total in Ordnung sind, weil das immer so ist: im Land der Ausreise werden sie erstellt und dienen zur Einreise für das nächste. (natürlich ist meine spanische Erklärung in etwas einfacheren Worten
gehalten ,-)). Der Kollege der SENASA versucht schon seit einiger Zeit etwas zu sagen und tut es
nun endlich: Ja, wir hätten Recht, die Papiere wären völlig in Ordnung. Uh – das tut weh. Der
Hitler-Bart deutet mit ausgestreckten Zeigefinger auf mich und erklärt mir, dass er ab jetzt nur mehr mit IHM – also Haimo sprechen wird. Ich sage noch, dass ER aber gar kein Spanisch spricht (soll heißen, noch weniger als ich) – der Beamte bedeutet mir mit einer Handbewegung zu schweigen. Mach ich gerne, ziehe mich zurück – leider ohne Popcorn und Bier – und beobachte die nächsten 45 Minuten das Geschehen. Denn nun wird es interessant: Im TIP – also unserem Auto-Import-Papier hat der junge Beamte mit der verspiegelten Sonnenbrille unsere Kennzeichen nicht eingetragen. Können wir verstehen, man sieht auch wirklich schlecht in dunklen Innenräumen mit Sonnenbrille auf der Nase. Somit, können wir nun nicht belegen, dass das unser Auto ist. Außerdem und überhaupt kostet diese Übertretung 100 Dollar. Genau! Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man jetzt schon wieder richtig ablachen – wie dumm ist dieser Versucht der zweiten Abzocke? Haimo erklärt, wie gewöhnlich auf Salzburgerisch, dass der Stempel ihrer eigenen Behörde auf dem Dokument wäre, es ist also gültig und die Herren könnten doch an der Grenze anrufen und mit den Kollegen sprechen – und deutet auf das Telefon. Der Hitler-Bart tut das auch tatsächlich und nachdem er mit dem ersten Kollegen schreit, wird er dann letztlich ziemlich kleinlaut und leise und beendet das Gespräch. Wieder kommen die 100 Dollar ins Spiel. Haimo deutet wieder auf den Stempel der Behörde. So geht dieses Spiel über eine halbe Stunde und es zeichnet sich ab, dass das nix mehr wird – in keine Richtung. Haimo beendet das Szenario schließlich, steht zur Überraschung aller auf, reicht jedem die Hand und bedankt sich höflich und kommt rüber zum Zebra. Wir steigen ein und fahren los. Die verblüfften Beamten schauen uns noch nach, halten uns aber auch nicht auf und das wars . Na toll – gleich bei Einreise die ersten korrupten Beamten – hoffentlich geht das nicht so weiter.


In Puno wird schnell eingekauft und weiter geht es Richtung der Grabhügel von Sillustani. Diese
archäologische Städte liegt malerisch auf einer Halbinsel des Umayo Sees. Sillustani war einst eines der bedeutendsten Zentren der Aymara-sprechenden Colla-Kultur. Dieser Ort war für sie heilig und nur die wichtigsten Persönlichkeiten wurden hier begraben. Nachdem diese Region 1445 von den Inka erobert wurde, übernahmen diese den Begräbniskult der Colla und sogar die Verehrung einiger ihrer Geister und bauten zu den Chullpas der Colla weitere 26 in ihrem eigenen Stil dazu. Die verwendete Steine sind stark eisenhaltig und es schlagen häufig Blitze ein, darum befinden sich heute neben jedem Turm Blitzableiter. Am Rückweg zum Parkplatz kehren wir in der Bar von Jesus ein. Er und sein Amigo José Luis sind begeisterte Motorradfahrer und sehr interessiert an unseren Reisegeschichten. Kurz vor Sperrstunde zieht ein schweres Gewitter auf, gefolgt von Starkregen – keiner von uns möchte jetzt aufstehen. Also bleiben wir einfach noch ein paar Stunden gemeinsam sitzen, trinken das eine oder andere Bier und fragen uns gegenseitig über unsere Heimat aus – ein sehr netter Abend!


Am nächsten Morgen nach dem Frühstück geht es weiter. Der anhängliche Rüde, der seit gestern
versucht bei uns anzudocken, hat die ganze Nacht unter dem Zebra geschlafen und wartet schon, als Haimo mit Gizmo zur Morgenrunde rauskommt. Er lässt sich wieder geduldig von Gizmo
anknurren, der nicht aufhört klar zu stellen, dass er uns nicht teilen wird. In Peru gibt es wieder sehr sehr viele Straßenhunde. Die meisten sind sehr devot – hier an der Ausgrabung alle halbwegs gut genährt, aber wie üblich scheint allen Tieren auch hier besonders eines abzugehen: Jemand, der ihnen Aufmerksamkeit schenkt und sie streichelt. Eine Erfahrung unserer ganzen bisherigen Reise: nur die wirklich ausgehungerten betteln um Futter, die meisten kommen für Streicheleinheiten und Zuspruch – und dieser Hund hier hat sogar einen Konflikt mit unserem eifersüchtigen Gizmo dafür in Kauf genommen. Als wir schließlich fahren und in den Rückspiegel schauen steht der Arme mit hängendem Kopf genau an der Stelle, an der zuerst das Zebra gestanden hat, solange, bis er ganz klein geworden ist im Spiegel verharrt er so. Wieder einer dieser vielen Momente, die uns einen Stich ins Herz versetzen.


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