Montevideo – Punta del Este – Laguna Rocha – Valizas – Santa Teresa
Am 29. Jänner ist es schließlich soweit – nach 2 (mehr oder weniger ungeplanten) Wochen des Wartens ist der Tag gekommen, an dem wir nun endlich das Zebra aus dem Hafen holen können. Wir treffen
uns mit unserem Zollagenten und wollen alle Formalitäten gemeinsam erledigen. Das Zebra scheint heil angekommen zu sein. Alle Außentüren inklusive der Wartungsklappen sind noch versiegelt. Nichts
fehlt – Schäden sind soweit keine zu erkennen – alles ist gut gegangen. Zu unserer Verwunderung war der Zollbeamte lediglich an der Nasszelle interessiert und hat sonst keine Schränke
kontrolliert. Da wir schon vorher von unserem Zollagenten gehört haben, dass es oft in weiblicher Anwesenheit länger dauert, bleibe ich einfach gleich bei Gizmo und wir warten im Schatten.
Bis alles schließlich fertig ist vergeht doch einige Zeit und als wir am späten Nachmittag endlich im Hotel ankommen – mit dem Zebra – feiern wir erstmal bei einem Cerveza, dass alles gut
gegangen ist. Morgen wollen wir dann endlich aufbrechen.
Unsere erste Etappe führt uns an die Ostküste, entlang der berühmten Punta del Este, dem ehemalige Geheimtipp und Pendant zur französichen Cote d´Azur. Hier urlauben nicht nur reiche Uruguayos
und Brasilianer, sondern seit geraumer Zeit auch viele Europäer. In der Hochsaison gesellen sich zu den 10.000 Einwohnern bis zu 700.000 Touristen. An der zugegebenermaßen schönen Küste reiht
sich ein schickes Hotel an das andere, Wolkenkratzer und Bungalows für die wohlhabenden Touristen prägen das Bild. Das Treiben hier ist ein bisschen mit Monaco oder Miami zu vergleichen – nicht
unbedingt unser Geschmack, aber durchaus reizvoll. Fährt man um die Landzunge herum und wieder Richtung Norden wird es ruhiger und die Häuser niedriger. Man passiert kleinere Läden und
Restaurants und das Treiben wird beschaulicher.
Wir fahren weiter, denn wir wollen heute noch in der Laguna Rocha ankommen. Die Lagune liegt in der Nähe des Städtchens La Paloma, das wir besichtigen wollen. Unseren Lagerplatz an der Lague
erreichen wir gegen 19.00 und freuen uns über dieses idyllische Plätzchen. Wir verzichten auf warme Küche, lieber genießen wir das Aufgehen des Vollmondes und den Sonnenuntergang, daher bemerken
wir erst am nächsten Morgen, dass unsere Kochstelle (Diesel-Ceranfeld) nicht funktioniert – komisch, vor Verschiffung ausprobiert – jetzt geht nichts mehr. Also gibt es mal keinen Kaffee zum
Frühstück und Haimo baut den Cooker aus. Ich beginne in der Zwischenzeit das komplette Wohnmobil auszuräumen und zweckmäßig wieder einzuräumen. 3 Koffer und 2 Rücksäcke müssen ausgeräumt,
umgeräumt und in das bereits vor Verschiffung großteils bestückte Wohnmobil eingeräumt werden. Alle Habseligkeiten sollen praktisch bzw. die Kleidung nach aktuellem und späteren Gebrauch in den
kälteren Gebieten verstaut werden.
Das Problem mit unserem Diesel Cooker scheint nicht so leicht zu lösen zu sein, wie gehofft, mittlerweile stehen wir schon den zweiten Tag und nach mehrmaligem Ein- und Ausbau sowie allen hier
durchführbaren Tests scheint es, als ob es wohl eher ein elektronisches Problem wäre. Die zahlreichen Touristen und Tagesausflügler, die „unseren“ Lagerplatz tagsüber besuchen stören uns nicht
weiter, da wir ohnehin selbst am und im Wohnmobil arbeiten. Gegen Abend sind wir meist allein, ab 5.00 Uhr früh hingegen ist die Bucht der Arbeitsplatz von vielen Fischern und Krebs-Fängern und
natürlich nimmt hier keiner Rücksicht auf ein paar Touristen in einem Wohnmobil.
Am dritten Tag fahren wir weiter, das Zebra ist für unsere Zwecke nun (hoffentlich) perfekt eingeräumt und um den Diesel-Cooker wieder in Gang zu bringen, wollen wir so schnell als möglich
Kontakt zum Erzeuger des Produkts in Deutschland aufnehmen, um die Möglichkeiten für eine Reparatur in Südamerika auszuloten.
Wir besichtigen La Paloma mit seinem malerischen Leuchtturm, fahren weiter nach Cabo Polonio, das laut Reiseführer ein beschauliches Örtchen ohne Strom und Hektik sein soll – immer noch eine
entspannte Hippie-Kolonie. Als wir uns dem Besucherzentrum! nähern schwant uns schon, dass es wohl doch nicht so beschaulich sein wird und als wir parken wollen erklärt man uns noch, dass Hunde
in Cabo Polonio nicht erlaubt wären. Soviel zum Thema Hippies und entspannt. Na, dann fahren wir halt weiter nach Valizas – hier gibt es die größten Wanderdünen Südamerikas und ein paar Hippies
soll es dort auch noch geben – und beides finden wir. Hier geht es am Strand etwas chilliger zu, natürlich auch touristisch – es ist ja schließlich Hochsaison – aber wir finden eine Strandkneipe
mit Reggae Musik. Das Personal ist von der Konsumation des hier legalen Marihuanas tiefenentspannt und wir trinken einen (extrem guten, ja einen der besten) Moquito, aber bevor uns diese
Entspannung allzu sehr ansteckt brechen wir auf, denn wir wollen heute noch in der Laguna Negra ankommen und unseren Nachtlagerplatz aufschlagen. „Schlagen“ ist das Stichwort – nette Lagune,
nicht nur reich bevölkert an Tagesausflüglern, sondern auch an Stechmücken. Wir flüchten bei Dämmerung ins Wohnmobil und brauchen ca. 1 Stunde, um die gefühlten 100 Blutsauger zu finden und zu
erledigen, die wir und vor allem Gizmo in seinem Fell mit reingebracht haben. Da wir uns aufgrund der nicht abreißen wollenden Massen an Gelsen nicht sicher sind woher sie tatsächlich kommen,
verkleben wir nur für alle Fälle noch die Lüftungsschlitze der Fenster. Endlich kehrt Ruhe ein!
Am nächsten Tag steht das „Fortaleza de Santa Teresa“ am Programm – eine Festung, die nach seiner Zerstörung wieder so hergestellt wurde, wie es in seiner Entstehungszeit im 18. Jahrhundert
ursprünglich erbaut worden ist.
Am Weg nach Treinta y Tres sehen wir dann das erste Mal die Papageien von der Nähe, die wir schon lange hören und in kleinen Schwärmen fliegen sehen – Grün und weiß gefiedert, perfekt getarnt.
Wie einige unser Lagerplätze zuvor ist auch dieser zwischen Feldern. Es gibt hier soviel Natur, aber alles scheint jemandem zu gehören. Kilometerweise Zäune und Tore. Von den großen Ranchen
(Establecimientos) sieht man von der Straße aus nicht viel, nur die jeweiligen Eingangstore lassen darauf schließen, wie wohlhabend die Besitzer wohl sein mögen.
Treinta y Tres – Quebrada de los Cuervos – Santa Clara de Olimar – Paso Pereira
Das Naturschutzgebiet „Die Schlucht der Raben“ (Quebrada de los Cuervos) in der Nähe von Treinta y Tres ist unser nächstes Ziel. Wie schon befürchtet dürfen wir Gizmo zur Wanderung nicht mitnehmen, wir machen uns also alleine auf den Weg, und wandern den vorgegebenen Pfad über 9 Stationen. Da es Hochsommer ist und sehr heiß, führen die im Reiseführer beschriebenen Wasserfälle leider kein Wasser. Die Wanderung ist zwar nicht sehr anspruchsvoll, aber so mancher Tourist begegnet einem auf dem teils steilen und großteils sehr grobfelsigen Areal mit Sandalen oder Espandrilles, was hier nicht sehr empfehlenswert ist.
Wir beschließen nicht am Campingplatz des Nationalparks zu bleiben und fahren weiter – auch in der Nähe von Santa Clara de Olimar finden wir wieder einen Nächtigungsplatz zwischen Koppeln und
außer des gelegentlichen Besuchs von neugierigen Kühen sind wir alleine und genießen die Stille.
Am nächsten Morgen wollen wir weiter nach San Gregorio de Polanco – dieses Dorf am Ufer des Stausees „Embalse“ am Rio Negro ist ein beliebter Urlaubsort der Einheimischen. Aber die Anreise
gestaltet sich für uns schwieriger als gedacht. Nicht das erste Mal sind Straßen nicht da, wo eigentlich welche sein sollten und andere wesentlich schlechter, als im Plan/Reiseführer beschrieben.
Prinzipiell kein Problem, wenn man im offroadtauglichen Fahrzeug reist, aber eine Brücke überqueren, die bereits bei zu langem Augenkontakt unter ihrer Verwitterung und Altersschwäche zu
schwanken beginnt – nein, das wollen wir auf keinen Fall riskieren. Wir versuchen den zweiten möglichen Weg – also laut Stand unserer Karte. Ebenso eine Sackgasse – diese Straße gibt es nicht
mehr. Es ist schon spät und wir wollen vor Einbruch der Dunkelheit einen Lagerplatz finden. Wir probieren unseren üblichen Trick, biegen einfach in eine Zufahrt die zu einem See führt, parken uns
nahe am Zaun und freuen uns über unser nettes ruhiges Plätzchen.
Gerade wollen wir es uns gemütlich machen, da sehen wir schon die typische Auto-Staubwolke vom See her kommen. Oje, das wird wohl der Inhaber dieses Grundstücks sein. Wir bereiten uns darauf vor,
das erste mal vertrieben zu werden. Dabei witzeln wir darüber, dass der Mann vom Ende der Straße wohl ein Haus am See haben wird und sich nur auf den Weg zu uns macht, um uns dorthin einzuladen –
auf ein Cerveza natürlich. Und schon steht er da: ein freundlicher älterer Herr, der neben uns mit seinem Pick-up stehen bleibt und rüber kommt. Er spricht enorm undeutlich, haben wir noch in
Cuba etwas Spanisch verstanden, hier in Uruguay ist es fast unmöglich. Natürlich kann der freundliche Herr kein Wort Englisch – also gar keines. Irgendwie verstehen wir, dass er uns fragt woher
wir kommen, und ja, wir schlafen in dem Ding. Wie? Wasser? Ja, haben wir. Wie? Wir sollen an seinen See kommen, da gibt es Wasser und was zu essen? Hm – hat er das wirklich gesagt – oder ist es
unsere Wunschvorstellung? Ach, er hat Freunde aus Brasilien zu Besuch und er fährt mal Bier holen. Wie? Cerveza? Cerveza verstehen wir! Ja, wir sollen mit ihm dann runter zu seinen See kommen und
dort ein Cerveza trinken mit der Runde. Da witzeln wir noch blöd und dann sagt er das tatsächlich? Bei unseren spärlichen Spanisch-Kenntnisssen, vielleicht wirklich eine akustische Fata
Morgana?...oh – jetzt sehen wir es. Am Gürtel seiner Short baumelt ein Revolver. Hm - der nette ältere Herr wirkt so freundlich...er wird uns doch wohl nicht auf sein Grundstück locken und
abmurksen wollen? Er fährt mal davon und holt das Cerveza. Wir parken schon mal in Fahrtrichtung um und warten – vielleicht kommt er ja nicht wieder? Tut er aber. Wir folgen ihm durch mehre
Gatter und siehe da – unten am See brennt ein Feuer, ein großes Zelt ist aufgebaut und daneben sitzt eine illustre Herrenrunde.
Den folgenden unglaublich netten und außergewöhnlichen Abend verbringen wir mit einer Herrenrunde aus Brasilien, die schon seit über 20 Jahren an den See zum Fischen kommt. Immer für 4 Tage, da
wird gefischt und schon zum Frühstück Cerveza getrunken. Ohne Frauen versteht sich. Der Besitzer des Grundstücks heißt Pichulo und spricht mit den Herren Spanisch und sie mit ihm Portugiesisch.
Wir hätten Deutsch und Englisch anzubieten, die beiden Sprachen wiederum mit keinem einzigen Wort spricht der Rest. Mit Hilfe vom „Ohne Worte Wörterbuch“ und unserem Wörterbuch am Handy
verständigen wir uns auf Spanisch. An dieser Stelle: Muito cumprimentos Pichulo, Gilmar, Cesar, Nilvo, Itamir!!! Obrigado pela sua hospitalidade!!
Der Abend ist lustig und wir erfahren viel über Uruguay und Brasilien, wir werden mit Gastfreundschaft, Fisch, Maté und Wein überschüttet. Wir lachen viel und wundern uns alle immer wieder, dass
es möglich ist einen ganzen Abend und einen Vormittag miteinander zu verbringen, ohne die Sprache des anderen zu sprechen.
Von Pichulo erfahren wir auch, dass es eine neue Verbindung Richtung San Gregorio de Polanco gibt. Nach kleinen Anlaufschwierigkeiten finden wir diese auch und siehe da, diesmal gibt es richtige
Schotterpisten und vertrauenswürdige Brücken.
San Gregorio de Polanco – Valle Eden – Tacuarembo – Valle Lunarejo
San Greogorio de Polanco können wir nur mit einem Fährfloß erreichen – juhuuu – es ist für 10 Tonnen Last ausgelegt – da fahren wir doch gerne mit. Unseren Nachtlagerplatz schlagen wir direkt am Strand auf. Wir hatten uns so auf diesen Ort gefreut, nur tolles gehört, viele Mühen aufgenommen, hierher zu kommen, aber zugegeben, wir waren etwas enttäuscht. Irgendwie hat sich uns die Schönheit und der Reiz, der von den Einheimischen beschrieben wird, nicht offenbart.
Gleich am nächsten Tag finden wir die 2. unbefriedigende 0815 Antwort vom namhaften Anbieter unsere Diesel-Kochers im Emaileingang vor, wir müssten schon verstehen, man könne uns nicht helfen.
Unsere Antwort darauf war dann etwas, sagen wir mal, deutlicher. Was solls, weniger als keine Lösung geht nicht, bei den Preisen, die man für Campingzubehör ausgibt, darf man schon mal Hilfe
einfordern. Wir verlassen San Gregorio de Polanco und machen uns auf den Weg Richtung brasilianische Grenze – wir wollen nach Artigas, die Edelsteinminen besichtigen.
Am Weg dorthin ist unser erster Stopp das Valle Eden – hier bzw. in Tacuarembo soll der angebliche Geburtsort von Carlos Gardel sein, – so ganz genau weiß das keiner und der Volksheld wird
ohnehin sowohl von Argentinien als auch von Uruguay für sich beansprucht. Das nächste Tal „Valle Lunarejo“ durchfahren wir dann am Weg Richtung Artigas. Der Weg ist ebenso wieder eine sehr
schlechte Wellblechpiste.
Artigas – Minen
In Artigas angekommen finden wir leider keinen guten Platz zum Frei-Stehen, daher beschließen wir bei den beiden Campingplätzen anzufragen. Der erste verweigert Hunde, also ziehen wir weiter, der zweite – Halleluja – nimmt uns. Aber Gizmo darf nicht ins Pool – ja gut – das verstehen wir!
Der Platz befindet sich direkt an einem Fußballfeld, die Geräuschkulisse ist tagsüber wie überall in Uruguay geprägt durch laute Musik. Aber es ist sehr grün und die vielen Bäume bieten
ausreichend Schatten.
Unser erster Weg führt uns zur Tourismus Information, denn wir wollen ja unbedingt eine Führung zu einer Edelsteinmine buchen. Auf Plakaten haben wir ebenso schon gesehen, dass der Karneval von
Artigas ansteht, der einzige wirkliche Samba Karneval Uruguays, der ähnlich dem aus Rio klaren Regeln folgt und jede Samba Schule präsentiert ihr eigenes Thema.
Man wundert sich schon gar nicht mehr, dass nicht einmal ein Mitarbeiter einer Tourismusinformation kein einziges Wort Englisch sprechen kann. Immerhin verstehen wir soviel, dass der Karneval
morgen beginnt und ein absolutes MUSS ist – das dazugehörige Video vom Karneval im letzten Jahr verheißt eine tolle Show. Die Information über die Minen verstehen wir leider nur zum Teil.
Anscheinend kann man an zwei verschiedenen Stellen eine Führung buchen – zum einen in einem Hotel und zum anderen direkt bei einer Kooperative der Minen. Auf jeden Fall nicht im Tourismus Büro.
Beide Möglichkeiten hat der freundliche Mitarbeiter im Plan eingezeichnet – außerdem gibt er uns noch 2 Telefonnummern mit, da könne ich auch wegen einer Minenführung fragen.
Wir fahren los, um die Kooperative zu finden. Wir fahren zig mal um den betreffenden Block, aber wir können hier kein entsprechendes Haus bzw. Büro ausmachen. Im Schatten bleiben wir dann stehen
und entdecken gegenüber eines der vielen Mineralien-Geschäfte. Wir beschließen dort mal nachzufragen bezüglich der Touren in die Minen. Im Geschäft sitzt ein älterer Herr. Bei der Frage nach den
Minen nimmt er sein Telefon in die Hand und beginnt Nummern zu wählen. Wie immer läuft die Verständigung mit Händen und Füßen. Wir schauen uns derweil im Geschäft um. Es gibt reine Mineralien und
auch selbst angefertigte Schmuckstücke. Leider, keiner der Kontakte hebt ab. Ah – da fällt uns ein, wir haben ja auch 2 Telefonnummern bekommen. Der Herr, Carlos, probiert es und siehe da, einer
der beiden Kontakte hätte Zeit, auch heute noch. Die Tour wäre nur für uns beide und wir müssten ihn mitnehmen. Die besagte Mine ist ca. 50 -60 km vor Artigas. Gut, warum nicht. In der
Zwischenzeit werden wir durchs Geschäft geführt, uns selbst gefundene Pretiosen gezeigt. Carlos war schon auf der ganzen Welt unterwegs, um Mineralien zu finden. Steine sind sein Leben, da trifft
er bei Michi auf offene Ohren.
Nach einer Stunde warten geht die Tür auf und unser Guide, Luis, kommt herein. Er spricht Englisch und wir vereinbaren Ort, Zeit und Preis für die Tour in die Minen. Wir bezahlen unseren
erstandenen Einkauf bei Carlos, bekommen noch einige Steine dazu geschenkt und verabschieden uns.
Eine Stunde später stehen wir am vereinbarten Treffpunkt und haben noch etwas Zeit bis wir Luis treffen und checken im obligatorischen Wlan auf der Plaza Independencia unsere Emails und siehe da,
im dritten Anlauf bekommen wir endlich eine vernünftige Rückmeldung des Diesel-Cooker Produzenten. Die Antwort kommt vom internationalen Department aus Holland. Hier antwortet man das erste mal
inhaltlich auf unsere Email und schickt uns diverse Anleitungen zu unserem Kocher auf Englisch und Deutsch. Ich frage zum zigten Mal nach Servicepartnern in Lateinamerika und hoffe, dann beim
nächsten Mal mehr zu erfahren.
Luis ist inzwischen da und steigt ein. Am Weg raus aus Artigas sehen wir in der Ferne bereits, dass das Wetter schlechter wird. Luis schaut etwas besorgt und meint, dass sich die Wolken genau
über dem Gebiet zusammen brauen, in das wir müssen. Zuerst besuchen wir die Verarbeitungsstätte einer Familie, die in der 4. Generation Minen-Schürfrechte in der Gegend besitzt. Schon beim
Aussteigen aus dem Zebra sind wir fast geschockt, dass überall am Gelände Edelsteindrusen herumliegen – quasi wie Abfall. Man erklärt uns, dass die Farbe der Kristalle der Nachfrage entsprechen
muss, sonst kann man mit den Steinen nichts anfangen. Wir werden in eine Halle geführt, in der die schönen Steine gelagert werden bzw. spezielle Funde, wie mehrere Meter hohe Amethystdrusen.
Drusen in seltenen Formen. Aus manchen wurde mit speziellen Metallstehern Kunstwerke geschaffen. Eine der Drusen ist zB. 4m hoch und hat einen Wert von 100.000 Euro. Wow – wir sind beeindruckt.
So – nun geht’s endlich weiter Richtung Mine. Und tatsächlich, Luis hatte Recht, wenig später kommen wir in eine Gewitterfront mit sintflutartigem Regenfall. Man sieht die Straße kaum mehr, zudem
weicht der Boden langsam auf, da wir auf lehmigen Untergrund unterwegs sind. Eine der Brücken sieht so aus, als würde sie bei zu starkem Regen überschwemmt werden, unser Guide hält einen
Einheimischen auf und fragt ihn, ob die Brücke auch bei Starkregen halten würde. Der meinte ja, aber die nächste Brücke wäre eher ein Problem. Wir beschließen trotzdem weiter zu fahren.
Wir schaffen den Weg durch das lehmige Gelände an der Mine gerade mal mit Ach und Krach. Luis erklärt, dass es verschiedene Varianten gibt, Steine zu finden. Es gibt so Art Kaminminen, da wirft
man oben Dynamit rein. Dann gibt es die Variante direkt in den Berg zu graben. Aber in Wirklichkeit ist alles Handarbeit, denn man fängt mit großen Bohrern und Presslufthammern an und arbeitet
sich von Meter zu Meter mit Handgerät weiter. Manchmal wird auch hier Dynamit verwendet, aber dann kann es schon mal passieren, dass man eine Druse zerstört. Mit dem Sohn der der Familie geht es
dann weiter direkt in eine der Minen. Von außen sieht der Hügel fast aus wie ein schweizer Käse, ein Tunnel-Loch nach dem anderen, das ins Innere des Berges führt. Wenn man weiß, wonach man
sucht, dann gibt es immer wieder Indizien für die jeweiligen Edelsteine vor dem Fund für die Profis. Man führt uns drei von „Guckloch zu Guckloch“ - durch die kleinen Löcher im Felsen erkennt man
im Schein der Taschenlampe den Schatz im Inneren – viele funkelnde Amethystdrusen. Tatsächlich gibt es Drusen-Diebe, bei Nacht und Nebel werden die Stein-Drusen aus der Mine gestohlen. Not macht
erfinderisch – die freigelegten Drusen werden von den Minen Mitarbeitern mit Zement wieder zugespachtelt und so vor den Dieben versteckt.
Als wir wieder nach draußen kommen, hat es zu regnen aufgehört und wir sind erleichtert, denn so klar war das mit unserem sicheren Rückweg heute nicht. Die Ausfahrt aus dem lehmigen und steinigen
Minengelände ist ohnehin eine Challenge, aber mit Allrad und Differenzialsperren klappt es dann.
Artigas - Karneval
Am Campinplatz angekommen bemerken wir die neuen Nachbarn – 3 Freunde aus dem Süden sind mit Leihauto hierher gekommen, um den Karneval zu sehen. Von Ihnen erfahren wir auch, dass wir dafür unbedingt Eintrittskarten brauchen – man kommt ohne nicht einmal in die Nähe des Karneval Geländes. Im Gegensatz zu Montevideo wird Karneval hier nicht unbedingt für das Volk gemacht sondern ist eine enorme Einnahmequelle geworden. Camila, eine der drei bietet uns an, uns noch bei der Suche nach Karten zu helfen. Normalerweise ist im Sitzplatzbereich alles sofort ausverkauft, aber vielleicht haben wir Glück. Eine Stunde später ist klar – wir haben keine Chance. Dennoch fahren wir am Abend mit in die Stadt und möchten versuchen, noch Restkarten zu bekommen. Wir ergattern Stehkarten im Plaza-Bereich, den Sammelplatz und Ausgangspunkt für alle Umzugswägen, die dann weiter durch die mit Tribünen gesäumte Avenida de Lecueder fahren.
Wir sind happy – der Platz ist toll und wir sind mitten im Geschehen und beobachten die einzelnen Samba Schulen bei den Vorbereitungen und können noch gemütlich eine Kleinigkeit Essen und
Trinken. Es ist nun 21.00 – Beginn der Parade ist ca. 22.00.
Um 21.45 kommt Bewegung in die Menge – die erste Samba Schule bereitet sich vor. Das Prozedere ist von jetzt an immer das gleiche: die erste Gruppe – meist Kinder – nimmt Aufstellung – dahinter
kommt der erste Wagen. Der kreative Leiter der Schule schwört die Vorhut ein und man betet gemeinsam und wünscht sich gegenseitig Glück – danach wird noch ein offizielles Papier unterschrieben
und es geht los. Die großen, nicht leicht zu manövrierenden Wägen werden von einer Person im Inneren – mehr oder weniger durch ein kleines Gucklock im Blindflug manövriert. Der Antrieb sind dann
um die 10 bis 15 weitere Personen, die den Wagen an der Rückseite anschieben. Zweimal kommt es fast zur Kollision mit dem Publikum – sprich uns – die Nerven der Einweiser liegen blank. Bei einer
anderen Samba Schule hat ein Protagonist zu tief ins Motivations-Glas geblickt – er fällt währende der Parade zweimal um – die anfängliche Befürchtung er handle sich um ein Kreislaufproblem hat
sich also nicht bewahrheitet und der Herr wird laut schimpfend aus der Parade entfernt. Man kann sich gut vorstellen, dass er sich mit dieser Aktion am wichtigsten Tag des Jahres für die meisten
der Leute hier, nicht sonderlich beliebt gemacht hat.
Wir stehen in der ersten Reihe, direkt am großen Eingangstor zur Avenida de Lecueder, das Gedränge ist groß. Da wir unseren Platz nicht verlieren wollen und uns auch nicht losreißen können,
stehen wir von 21.00 bis 4.30 Uhr durchgehend in der Menge. Als der letzte Wagen an uns vorbei fährt sind wir erleichtert, wir können nicht mehr – Rücken und Füße schmerzen, wir haben Durst – wir
wollen schlafen.
Wir kommen um ca. 5.00 Uhr am Campingplatz an – es herrscht geschäftiges Treiben der Samba-Rückkehrer. Dafür rächen sich die Nicht-Karneval-Gäste mit Frühaufstehen um 7.00 Uhr, es wird Musik
gespielt und gefrühstückt. Wir versuchen wieder einzuschlafen und letztlich ist es um 9.00 Uhr ganz vorbei mit der Ruhe. Wir trinken mal einen Kaffee und versuchen darüber nicht einzuschlafen.
Eigentlich wollte wir heute früh aufbrechen, um Richtung Süden zu kommen, aber wir sind definitiv noch nicht fit. Unsere drei Nachbarn Camilla, Pierina und Enzo sind zwar um einiges jünger als
wir, sehen heute aber auch nicht besser aus. In der Ferne hören wir einen Donner – genauer gesagt wir nicht so sehr, weil noch weit weg – aber Gizmo verzieht sich gleich mal unters Zebra. Unser
Unwetter-Warner funktioniet immer. Ein Gewitter ist im Anmarsch. Der Wind wird langsam zum Sturm, als der Regen beginnt verziehen wir uns alle drei ins Wohnmobil. Das sind die Situationen, in
denen wir heilfroh sind, dass wir nicht mit Zelt und Auto am Weg sind. Zumal wir ja bald in die kühleren Gebiete kommen werden. Verglichen mit einem klassischen Wohnmobil haben wir zwar nicht
viel Platz, aber gegen Sturm und Regen bietet das Zebra definitiv mehr Komfort und Schutz. Letzteres soll sich schon bald etwas relativieren.
Artigas – Der Baum
Nach einer Stunde Gewitter, Sturm und Regen, in der diverse Zelte und Planen ihren Stellplatz oder Besitzer gewechselt haben, ist der Spuk vorbei. Die Wolken lichten sich und die Sonne kommt wieder hervor. Da wir ja los wollen, packen wir langsam zusammen. Und da passiert es: Als wir es krachen hören sitzt Haimo bereits auf dem Fahrerplatz, ich stehe hinten in der Wohnkabine und bin gerade dabei Klarschiff zum Losfahren zu machen – Gizmo liegt neben mir. Es kracht nochmals – diesmal kracht etwas aufs Auto. Unsere Fieberglas-Wohnkabine wird in ihren Grundfesten erschüttert – der Lärm – zumindest hier drinnen – ist erschreckend laut – kurz darauf ist der Spuk vorbei. Panisch laufe ich aus dem Auto und rufe nach Haimo – der wiederum läuft ums Auto und ruft schon „Jetzt ist das Auto sicher kaputt – unser Reise ist zu Ende“. Langsam verstehe ich: vor dem Auto liegt der riesige abgebrochene Ast eines Baums, selbst ein halber Baum – geschätzt 200 kg. Wir blicken uns um – auf den ersten Blick können wir keinen Schaden entdecken – aber nein, da...ein Ast steckt in unserem Dach. Durchmesser ca. 6 cm. Wir klettern rauf zum Dach und da steckt er. Genau zwischen den Kabeln und den Solarpanelen. Im inneren wenige Zentimeter neben der Technik-Konsole. Ungläubig starren wir auf diesen Fremdkörper, der da im Dach unseres Zebras steckt. Bei näherer Betrachtung bemerken wir das wesentlich größere Malheur – der äußere stabilisierende Winkel am Dach ist fast durchgeschlagen – der hat das Gewicht von herabstürzenden 200 kg aushalten müssen. Wieder stehen wir mit offenem Mund da – mittlerweile sind wir dabei nicht mehr alleine – andere Campingplatz Gäste kommen und staunen mit. Wie erwartet, hält sich das Verständnis und Mitgefühl der Campingplatz-Leitung in Grenzen. Die einzige Maßnahme war das zerschneiden des herabgestürzten Baumes, um schnell die Spuren zu verwischen. Da man uns weder Hilfe anbieten noch nicht mal eine Art der Entschuldigung oder nette Geste anbietet, teilen wir den Herrschaften mit, dass wir bis zum Ende der Reparatur hier bleiben (müssen) und dass wir für diese Zeit keine Gebühren für den Stellplatz bezahlen werden.
Haimo ist also den Rest das Tages mit Reparaturen beschäftigt. Unglaublicherweise hat der Ast tatsächlich nichts wichtiges getroffen. Wäre Haimo am Vortag nicht ein, zwei Meter vorgefahren, um
die steckende Differenzialsperre rauszubekommen nach unserem Minenbesuch, wäre der Ast genau auf die Wohnkabine geprallt, in der Gizmo und ich uns zu dem Zeitpunkt befanden. Einen mittigen
Aufprall hätte das Material nicht Stand gehalten. Wir können unser Glück kaum fassen – da war eine Schar an Schutzengeln am Werk!!
Zwischendurch verabschieden sich unsere neuen Freunde und reisen ab – wir vereinbaren aber, uns vor Ausreise aus Uruguay noch mit Camila in ihrem Heimatort Mercedes zu treffen.
Am nächsten Morgen suchen auch wir das Weite – die reparierten Stellen sind soweit getrocknet. Inwieweit sich der schwer beschädigte Winkel nun auf die Stabilität der Kabine auswirkt, wissen wir
noch nicht. Mehr können wir jetzt nicht tun. Wir wollen einfach weiter. Wir entsorgen noch unsere Camping Toilette, was in Südamerika nicht unbedingt ein leichtes Unterfangen zu sein scheint und
können unsere Augen kaum von der sehr befremdlichen Duschanlage des Campinplatzes wenden...
Salto - Paysandu – Mercedes – Nueva Palmira – Colonia del Sacramento – Mercedes – Fray Bentos
Wir nehmen den direktesten Weg runter in den Süden. In der ersten Etappe kommen wir bis vor Salto – am Lago Salto finden wir einen tollen Nachtlagerplatz. Unser Platz ist direkt am Ufer des Sees mit Sandstrand – perfekt für Gizmo – endlich kann er wieder seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen: Baden!
Hier am Lago Salto Grande befindet sich das größte Wasserkraftwerk Uruguays, es versorgt 65% der Bevölkerung mit Strom. Salto selbst durchfahren wir am nächsten Morgen – die Stadt wirkt sehr
modern, die neueren Wohnviertel fast europäisch. Wir tanken auf und suchen wieder nach einem Wlan – leider, da haben wir diesmal kein Glück. Weiter geht’s durch Paysandú, das wir ebenfalls nur
mit dem Auto erkunden.
Die nächsten beiden Tage wollen wir eigentlich nur Kilomter machen, denn unser eigentliches Ziel ist Colonia del Sacramento, die älteste Stadt Urugays und Teil des UNESCO Weltkulturerbes. Die
Städte am Weg in den Süden (Mercedes, Dolores und Nueva Palmira) durchfahren wir nur. In einer erhaschen wir Wlan und erfahren nun, dass es einen Vertragspartner unseres Diesel-Cookers in Buenos
Aires gibt. Der ist spezialisiert auf auf Schiffe und bietet den Diesel-Cooker leider nicht an – dafür haben sie einen Service-Techniker, der sehr versiert und erfahren ist und man möchte uns
unbedingt weiter helfen. Ein Hoffnungsschimmer für unsere kalte Küche.
Colonia del Sacramento: diese Stadt ist wirklich nett – natürlich touristisch – aber nichts gegen Salzburg zur Festspielzeit. Das Städtchen mit dem historischen Kern ist seit 1995 Teil des UNESCO
Weltkulturerbes. Gegründet durch die Portugiesen im Jahre 1680 ist es auch Regierungs- und Verwaltungssitz des gleichnamigen Departementos Colonia. Das Stadtbild ist geprägt von kleinen Häusern
in Kolonialstil, Kopfsteinpflaster und leider weniger alten Autos aus den 1930 bis 1950 Jahren als angepriesen in so manchen Reiseführern. Aber dieses Städtchen ist auf jeden Fall ein MUSS für
jeden Besuch in Uruguay. Der Altstadtkern wirkt sehr südeuropäisch, ein Lokal reiht sich an das nächste – jedes mit einem anderen Charme bzw. Motto und viel Liebe zum Detail. Wir halten uns hier
einen Tag auf, bummeln am Ufer entlang, besteigen den kleinen Leuchtturm und essen die beste Paella unseres Lebens. Gekocht auf einer riesigen Pfannen inmitten des Lokals von einem älteren Herrn,
dessen klare Leidenschaft diesem Gericht gilt.
Gestärkt geht es dann in 2 Etappen retour nach Mercedes – hier wollen wir uns zum einen von Camila verabschieden und zum anderen dann weiter nach Fray Bentos, um dort die Grenze nach Argentinien
zu passieren.
Mercedes ist Hauptstadt des Departemento Soriano – trotzdem herrscht ähnlich wie fast überall in Uruguay ruhige Entspanntheit. Die Gebäude sind großteils im Art Déco Stil erbaut, die wunderschöne
Kathedrale „Nuestra Senora de las Mercedes“ ist definitiv einen Besuch wert. Ebenso die Eisdiele um die Ecke!
Wir suchen uns erstmal einen Platz auf der kleinen Insel der Stadt (im Rio Negro), der Isla del Puerto. Verbunden durch eine einspurig befahrbare Brücke mit manueller Ampelregelung gelangt man
dann zum Naherholungsgebiet Nr. 1 der Einheimischen. Hier wird gegrillt, laut Musik gehört und Maté getrunken. Den ganzen Tag und auch die ganze Nacht herrscht reges Kommen und Gehen von
Motorrädern und Autos. Wir sind das einzige große Fahrzeug, das im allgemeinen Bereich steht, aber der Campingplatz hat uns so gar nicht zugesagt. Wir stehen also im Schatten unter einem (zuvor
für gut beheißenem) Baum und entspannen. Parallel bereiten wir uns schon mal auf unseren allerersten Grenzübertritt vor. Mental, sowie das Zebra im Innenraum. Wir haben viel gelesen und gehört,
wir wissen noch nicht, was auf uns zukommen wird. Das Prozedere haben wir theoretisch verinnerlicht. Auf die Laune und Tagesverfassung der Beamten, die unser Zebra für die Einfuhr kontrollieren,
haben wir leider keinen Einfluss – und genau davon scheinen meist die Geschwindigkeit und die Art und Weise der Abfertigung abzuhängen.
Abends nach ihrem Dienst bei der Polizei in Mercedes schaut Camila noch vorbei. Bei uns eher unvorstellbar, dass ein Beamter in Uniform mit Dienstwaffe und Handschellen mitten im Ort noch
gemütlich bei einem Bier sitzt. Wir verabschieden uns schließlich um 2.00 Uhr nachts herzlich voneinander – schließlich brauchen wir noch etwas schlaf vor dem nächsten Abenteuer: Argentinien.