San Rafael l Mendoza

 

In San Rafael füllen wir mal unser Vorräte auf – die zweitgrößte Stadt der Provinz Mendoza bietet diesbezüglich alles, was wir brauchen. Genau wie Mendoza liegt auch diese Stadt in einem fruchtbaren Gebiet in dem Obst und Wein hervorragend gedeihen. Einer der wichtigsten und größten Weinbau Produzenten Argentiniens hat hier seinen Sitz. In der Nachsaison haben die Bodegas aber leider scheints alle generell zu für Touristen oder zumindest an den Wochenenden. Wir möchten aber nicht 2 Tage hier warten, also entschließen wir uns gleich weiter in die Weinhauptstadt zu fahren, nach Mendoza. Unser Nachtlagerplatz für heute liegt 14 km außerhalb der Stadt in einem ausgetrockneten Flussbett. Wir sitzen in der Sonne und müssen lachen – vor knapp 10 Tagen waren wir noch eingeschneit und heute sitzen wir hier und genießen die Wärme der Sonne.

 

Am nächsten Morgen geht’s dann wirklich nach Mendoza. Das Wetter ist sehr warm, wir brauchen keine Jacke. Zuallererst wollen wir uns einen Tisch im Ojo de Agua reservieren – es ist zwar Nachsaison, aber für alle Fälle. Als Kinder der 80er wollen wir natürlich die Bodega von Dieter Meier – schöpferischen Kopf der Schweizer Elektro-Band YELLO besuchen. Der Wein soll ausgezeichnet sein und das Essen im kleinen Restaurant sehr empfehlenswert. Den Tisch haben wir für morgen Mittag – heute gehen wir noch gemütlich auf Kaffee und „Medialunas“ und laden den Carretera Austral Bericht hoch ins Netz. Am Weg zum Lagerplatz etwas außerhalb sehen wir schon die enorm große Raffinerie des Erdöl-Riesen YPF. Bereits am Weg nach Mendoza sind uns sowohl Fracking Anlagen als auch die dazugehörigen Protestplakate von Umweltschützern aufgefallen. Sowohl in Neuquen als auch in Mendoza wird Fracking betrieben. Unsere romantische Vorstellung von DER Wein-Hauptstadt ist irgendwie im Gasgeruch der YPF Raffinerie erstickt, der über der gesamten Stadt wie eine unsichtbare Wolke hängt. Naja – unsichtbar nicht ganz, da der blaue Smog vom Heizen die ganze Stadt zusätzlich einhüllt.

 

Der 18. Juni 2018 steht also ganz im Zeichen des Weins. Wir schlafen mal gemütlich aus und fahren dann zu unser Tischreservierung um 13.00 ins Ojo de Agua. Als wir dort ankommen ist bereits ein Paar vor Ort und spaziert durch den Weingarten. Wir melden uns an. Unser Kellner spricht auch English und ist ein wahrer Entertainer. Im kleinen urigen Restaurant ist bereits für uns alle aufgedeckt. Es gibt ein Wahlmenü sowie die dazugehörige Weinbegleitung. Alberto und Virginia sprechen uns an. Sie sind aus Rosario und kommen einmal im Jahr nach Mendoza zu einem Kurzurlaub und natürlich um gut zu essen und gut zu trinken. Alberto besitzt eine Firma für erneuerbare Energie und ist im nicht wirklich umweltbewussten Land Argentinien ein Exot – das sorgt in der YPF Stadt Mendoza für genug Gesprächsstoff zwischen uns. Wir Mädels übernehmen den Dolmetscher Part für unsere Männer, so haben wir ein total netten Nachmittag mit dem besten Essen seit langem für uns, einer Auswahl an tollen Weinen und viel Spaß mit dem argentinischen Paar. Mittendrin schneien auch noch Jorje und Mary aus Miami rein und belegen den dritten Tisch. Jorge ist Arzt aus Cuba und hat von Mary diese Reise als Überraschung zu einer bestandenen Prüfung bekommen. Somit haben wir die perfektesten Dolmetscher im Bunde – sie können beiden gleichermaßen Spanisch und English und helfen aus, wenn es kompliziert wird. Nach dem Essen bekommen wir noch eine kleine, spontane Führung durch die Produktion. Virginia & Alberto bestehen darauf uns am nächsten Tag zum Abendessen auszuführen in Mendoza – wir freuen uns total, die beiden sind wirklich so nett und lustig, aber ein bisschen peinlich ist uns das schon – sehen wir nach einem halben Jahr Reise schon aus wie Leute, die eine kostenlose warme Mahlzeit nötig hätten?!

 

Die nächste Einladung kommt vom netten Kellner – er bietet uns an, hier am Areal im Zebra zu nächtigen. Gizmo darf auch bleiben, das wurde mit dem Leiter der Bodega geklärt. Perfekt – dann fahren wir mal zum Veterinär um heute zumindest das „Certificado de Salud“ für Gizmo zu bekommen, denn vor dem nächsten Grenzübergang nach Chile bzw. Santiago brauchen wir wieder ein Formular der SENASA.

 

Beim Betreten der Arztpraxis ist zunächst mal unklar, ob es sich tatsächlich um eine Tierarztpraxis handelt oder ob es einfach ein riesiges Tierfachgeschäft ist. Die Empfangsdame und ich versuchen uns mit meinem dürftigen Spanisch zu verständigen und ja, es ist eine Arztpraxis. Und ja, diesmal müssen wir Gizmo vorführen. Verdammt – das wird stressig. Haimo bleibt beim Zebra, da der Parkplatz mehr als – sagen wir mal: spannend – ist. Während wir dort am Straßenrand im Fahrzeug sitzen, sind bereits 2 Autos vor und 2 Autos hinter dem Zebra zusammen gekracht. Mendoza ist eine Großstadt und mit 1,8 Mio. Einwohnern keine kleine. Dementsprechend herrscht im Straßenverkehr ein raueres Klima als auf den Landstraßen zuletzt. Mit dem alten IVECO LKW immer wieder eine Herausforderung heil durchzukommen, aber unsere Sorge gilt hauptsächlich der wirklichen Schwachstelle bei Unfällen: dem GFK Aufbau. Zudem hängen Äste und Stromleitungen dermaßen tief in den meisten Städten und bilden somit auch noch eine Gefahrenquelle von oben. Also wollen wir das Zebra nicht der dritten Gefahrenquelle aussetzen: am Straßenrand parken ohne Aufsicht – hatten wir schon in El Bolsón.

 

Haimo bewacht also das Wohl des Zebras und ich marschiere mit Gizmo in den Zuckerlladen des Veterinärs. Nicht nur die frei umherlaufenden, frisch operierten Katzen sind purer Stress für uns zwei, auch die Pudeldame, auf die Gizmo ein Auge geworfen hat und nicht zu vergessen: Tonnen an Futtersäcken um uns herum. Die Regale sind bis unter die Zimmerdecke mit gefühlten 1000 verschiedenen Sorten an Tiernahrung angefüllt – Gizmo sabbert ohne Pause und mich voll und ich wiederum bereue, dass ich nicht noch ein Glas Wein mehr zur Beruhigung getrunken habe. Endlich sind wir dran. Der Tierarzt schaut sich (wie erwartet) Gizmo ja ohnehin nicht an, Pech, dann sabbert er ihm halt die Praxis voll. Er schreibt das letzte Zertifikat vom Veterinär in Rio Galleghos ab und dafür zahle ich ihm ein paar Hundet Pesos und bekomme ein Abschiedsküsschen. Halleluja – wir können gehen.

 

Zurück auf der Bodego Ojo de Agua begrüßt uns der Nacht-Wachmann schon wissend. Er erklärt uns, dass es hier Video Überwachung gibt und dass er in der Nacht mehrmals mit dem Squad seine Runden ziehen wird, nicht dass wir uns erschrecken. Wie nett, alle hier sind sehr professionell, strukturiert und freundlich – wir sind begeistert.

 

Am 19. Juni 2018 weckt uns das geschäftige Treiben auf dem Gelände schon früh – auch gut – dann können wir die SENASA gleich erledigen. Die Bearbeitung kostet in Mendoza zusätzlich (in Rio Gallegos nichts) – und zwar um ein zigfaches des Dokumentes – aber was solls – immerhin bekomme ich das erste mal seit wir Reisen eine fundierte Auskunft zu den Gültigkeiten des Dokumentes für Gizmo. Anschließend fahren zu dem recherchierten Parkplatz ohne Höhenbeschränkung in der City, auf dem wir heute Nacht bleiben wollen. Nach dem Abendessen mit Virginia und Alberto möchten wir auf keinen Fall noch mit dem Zebra fahren - die Zeit bis zum Abendessen vertreiben wir uns mit einem Stadtbummel.

 

Um 20.00 holen wir Virginia und Alberto in ihrem Hotel ab und spazieren mit ihnen zum Italiener, bei dem ein Tisch für uns reserviert ist. Der Abend wird super nett und lustig, wie erwartet – unsere Gespräche reichen vom Umweltschutz bis zur Lebensphilosophie. Und so nebenbei erfahren wir auch, warum uns Alberto unbedingt einladen wollte: Er war neugierig. Selbst Unternehmer und gut situiert, aber aus sehr ärmlichem Elternhaus kann er es sich nicht vorstellen einfach mal eine längere Auszeit zu nehmen. Er würde auch gerne weit reisen und bewundert es, wenn Leute loslassen können für eine Auszeit – er schafft es leider noch nicht. Wir freuen uns sehr über diese Ehrlichkeit und über diese nette Bekanntschaft – hoffentlich schaffen es die beiden auch mal nach Österreich zu uns!

 


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