Am 3. April 2018 sind wir in Rio Gallegos angekommen, hauptsächlich um alle Formalitäten für Gizmo´s Grenzübertritt zu regeln. Wenn man in Chile mit (Haus-)Tier einreisen möchte, braucht man ein spezielles Formular, das die Gesundheit des Tieres, die innere und äußere Parasitenfreiheit, sowie sämtliche erforderlichen Impfungen bestätigt. Ausgestellt wird ein derartiges Formular von der argentinischen Behörde SENASA – kontrolliert vom chilenischen Gegenstück SAG. Um das Formular zu bekommen, muss man aber davor einen Tierarzt aufsuchen, um ein Gesundheitsattest zu bekommen. Wir finden auf Empfehlung in einem Pet Shop eine 24-Stunden Tierklinik. Im Wartezimmer sitzt bereits ein etwas genervtes Pärchen mit einer Baby Katze und einem kleinen Hund mit Rosa Haarschleife. Beide Tiere zittern wie Espenlaub. Wir erklären uns einem der Tierärzte. Er meint, das Attest wäre kein Problem. Es wird nun ein „certificado de salud“ ausgestellt anhand des Europäischen Heimtierausweises. Damit wird anschließend bei der SENASA ein „Transitdokument“ für Ushuaia ausgestellt sowie ein „Exportdokument“ für die Weiterreise nach Chile über Punta Arenas. Alles komplizierter als wir dachten, aber die Herrschaften bei der SENASA sind wirklich sehr freundlich und hilfsbereit.
So machen wir uns am nächsten Tag auf Richtung Grenze mit der Hoffnung, dass sämtliche Papiere und mitgebrachten Lebensmittel den Vorschriften entsprechen, man uns nichts wegnimmt und auch unser Auto nicht komplett ausgeräumt wird (man hört mehr, als einem lieb ist) – aber weit kommen wir erstmal nicht im strömenden Regen – wir haben einen Platten. Nun werden wir von einer Tankstelle zur nächsten bzw. einer Gomeria zur nächsten geschickt. Es scheint, dass bei diesem Wetter keiner so recht motiviert ist, einen Reifen zu wechseln bzw. zu reparieren. Schließlich finden wir eine LKW Werkstatt in der sowohl der Schlauch gewechselt als auch (für alle Fälle) der kaputte Schlauch geklebt werden. Wir haben uns wohl doch am letzten Lagerplatz einen der – von Gizmo und Zebra gleichfalls – gefürchteten Dornen eingefahren.
Als wir schließlich im strömenden Regen am Grenzübergang „Monte Aymond“ ankommen dämmert es bereits. Auch hier ist das alles nicht so einfach. Man muss zuerst zur Migracion mit den Pässen und bekommt an der chilenischen Seite eine Touristenkarte ausgestellt. Dann erledigt man die Einfuhr des Autos bei der Aduana und schließlich muss man zur SENASA bzw. SAG – diese Herrschaften kontrollieren, ob man unerlaubte Lebensmittel dabei hat (Obst und Gemüse – je nach Wetter und Amtsperson sind es trotz einer festgelegten Liste immer andere sowie Honig und Produkte tierischen Ursprungs wie frisches Fleisch und Wurst – und natürlich auch lebendige Tiere – in unserem Fall: Gizmo).
Die Indoor Formalitäten sind schnell erledigt. Dann geht es dem Zebra an den Kragen. Man muss sein Fahrzeug öffnen und ein Beamter kontrolliert den Kühlschrank und die Vorräte – schlimmstenfalls gibt es Lebensmittelspürhunde bzw. wird einem im Verdachtsmoment des Lebensmittelschmuggels das komplette Auto ausgeräumt. Wie man auf diversen Foren hört, gibt es da recht unschöne Erlebnisse, die sehr oft wohl davon abhängen, ob man den Grenzbeamten zu Gesichte steht oder nicht. Wir haben Glück: die Motivation des kontrollierenden Beamten hält sich ob des strömenden Regens offensichtlich in Grenzen. Wir haben wirklich versucht, alle kritischen Vorräte vorher selbst zu vertilgen, daher geben wir wahrheitsgemäß an, dass wir nur Honig dabei haben – nämlich patagonischen. Entgegen unserer Annahme gibt man uns den wieder zurück, der wäre ok – 10 Minuten davor haben wir einen Vortrag darüber bekommen, was Honig nicht alles im angeblich völlig Schädlings- und Parasiten-freien Chile anrichten könnte. Da soll sich einer auskennen. Dann werden noch Gizmo´s Papiere gestempelt und wir dürfen fahren – aber halt – was ist das? Unsere fordere Kennzeichentafel hängt am letzten einsamen Kabelbinder herab. Da Haimo sie extra mehrfach angebunden hat, kann das nicht einfach „so“ passiert sein. Irgendwer hat doch tatsächlich genau vor dem Grenzgebäude versucht, unser Kennzeichen zu klauen – vermutlich als Souvenir – eine zweifelhafte Ehre. Na zum Glück hat das nicht geklappt.
Es ist spät – zu spät für die Fähre vom Festland zur Insel Feuerland über die Magellanstraße – wir suchen uns im Nahbereich einen Lagerplatz und fahren am nächsten Tag schließlich weiter zum Hafen. Wir sind zwar der langen Warteschlange der Hauptsaison entkommen, aber dafür hat die Fähre ihren Verkehr aufgrund des zu starken Windes eingestellt. Wir vertreiben uns die Zeit mit Kartenspielen und nach ca. 3 Stunden bricht Herdenpanik aus – die LKW Fahrer werden aus dem Hafenbeisl geholt, die Touristen kehren aus allen Richtungen wieder zurück in ihre Fahrzeuge und schon legt die Fähre an. Wir sind gleich bei der ersten Partie dabei – die Überfahrt dauert lediglich eine halbe Stunde, aber es reicht, um meinen Körper an die letzte Seekrankheit zu erinnern – ich stelle fest, dass der Schwebesitz des Zebras der beste Ort des Schiffes ist.
Der nächst Morgen beginnt sehr kalt – für uns ist es das zweite mal auf der Reise, dass wir die Fenster enteisen. Tagsüber am Weg Richtung Ushuai reißt der Himmel auf und wir fahren bei Sonnenschein Richtung „Fin del Mundo“. Wir können uns gar nicht satt sehen an der Herbstlandschaft, die in Gelb und Rot erstrahlt. Die weiten Ebenen weichen immer mehr bunten Wäldern mit knorrigen und windschiefen (im wahrsten Sinne des Wortes) Bäumen. Wir kommen nicht schnell voran, da wir immer wieder stehen bleiben „müssen“ zum Fotografieren.
Am 7. April 2018 sind wir dann endlich in Ushuaia. Wir parken uns direkt an den Hafen – hier sind wir zentral – und marschieren schnurstracks in die Tourismus Information. Die Beratung hier soll sehr nett, kompetent und vor allem auch in English möglich sein – eine seltene Freude mal wirklich alles zu verstehen, die wollen wir uns nicht entgehen lassen. Eine unserer ersten Fragen gilt den Schiffsverbindungen – wir würden gerne eine Fahrt durch die Fjorde machen. Außerdem – wie immer, wenn ein Nationalpark in der Nähe ist, die Frage nach der Mitnahme von Hunden. Wie erwartet, auch im Nationalpark Tierra del Fuego nicht erlaubt. Eine der Damen bietet sogleich an, sich um Gizmo zu kümmern, sollten wir an ihrem freien Tag – also übermorgen in den Park wollen. Zwei der Mitarbeiter, mit denen wir sprechen, haben selbst Hunde und verstehen unser Problem. So ein liebes Angebot, aber da wir jetzt wissen, dass die Parks aufgrund der Campingplätze alle auch in der Nacht geöffnet haben, wollen wir es auf jeden Fall mal mit Gizmo im Tarnmodus probieren. Schön, wenn es klappt, wenn nicht, dann kommen wir gerne auf das total nette Angebot zurück.
Gesagt getan, wir stärken uns noch im „Ramos Generales“ an der Promenade und fahren dann bei Einbruch der Dunkelheit los Richtung Paruqe Nacional Tierra del Fuego. Die Ruta 3 wird hier zur Piste – der Asphalt endet mit dem Ende der Stadt. Um ca. 21.00 sind wir beim Eingang des Parks. Gizmo weiß Bescheid – er braucht jetzt nicht aufpassen und soll sich ganz unauffällig verhalten. Wir sind trotzdem aufgeregt, als der Ranger ans Fenster kommt und freundlich fragt, ob wir zum Campen kommen. Wir bejahen die Frage. Er bietet uns noch einen Plan des Parks an und bittet uns beim Ausfahren den Eintritt für den Park zu begleichen, da das Büro heute nicht mehr geöffnet hat. Wir sind platt – so einfach war das jetzt. Ok – wir freuen uns und suchen uns in der Dunkelheit auf einem der markierten Campingbereiche einen Platz für die Nacht.
Gizmo darf nur an der Leine raus, die Gassiprodukte werden von uns entfernt – niemand sieht unser „schwarzes Monster“ in der Nacht, so als ob er nie da gewesen wäre.
Am nächsten Morgen gehen wir in der Morgendämmerung bereits die erste kleine Gassirunde, damit wir nicht gesehen werden. Da wir über Nacht alleine auf weiter Flur waren, nicht weiter das große Problem. Wir wollen uns, bevor womöglich noch die letzten Touristen-Busse der Saison hier einfallen, im Park umschauen – und schließlich beim berühmten Postamt – dem südlichsten Postamt der Welt – den Stempel „Fin del Mundo“ für unseren Pass abholen. Als wir in der Bucht ankommen, ist hier schon gehörig was los. Einmal im Jahr findet eine Überquerung des Beagle Kanals statt, an der sich ambitionierte Schwimmer der Region beteiligen. Da sich alles im Argentinisch- Chilenischen Grenzgebiet abspielt sind nicht nur die Begleiter und Betreuer für die Schwimmer anwesend sondern auch ein nicht unbeträchtliches Aufgebot an Grenzbeamten beider Seiten. Also gut - hier ist die Ruhe und Abgeschiedenheit unseres Besuchs im Park vorbei. Leider wird es auch nichts mit dem berühmten Stempel im Pass – das Postamt hat geschlossen! Der einzige Beamte hat seinen jährlichen Urlaub – tja – damit hatten wir nun nicht gerechnet. Wir verlassen den Park am Nachmittag Richtung Ranger Haus am Eingang und lösen zur Verblüffung der Mitarbeiter im Büro unser Versprechen ein und bezahlen bei der Ausfahrt unseren Eintritt. Am Gesicht meines Gegenübers kann man erkennen, dass sowas nicht so oft zu passieren scheint. Wir sind so froh, dass wir die Runde im Park unbehelligt drehen konnten und Gizmo nicht entdeckt wurde – das war alles was wir wollten – Zeche prellen wollten wir nicht! Anschließend geht’s für uns weiter zum Gletscher Martial, der einen schönen Blick über Ushuaia bieten soll. Der Sessellift ist nicht oder nicht mehr in Betrieb, aber über die Trasse kann man den Wanderweg nach oben nehmen – das Wetter ist ok (also kein Regen und kein Sturm) – und Gizmo freut sich nun endlich über Auslauf, denn im Nationalpark musste er ja versteckt im Zebra bleiben.
Am letzten Tag in Ushuaia wollen wir noch versuchen eine der Bootstouren durch den Beagle Kanal zu buchen – die meisten Anbieter haben ja aufgrund des Saisonendes bereits den Betrieb eingestellt. Eine Linie fährt noch und wir nehmen die 3stündige Rundfahrt durch den Kanal. Der Wettergott ist uns heute gut gewogen, die Sonne strahlt, es ist fast windstill! Perfekt also für unseren Ausflug. Wir teilen das Ausflugsschiff mit ein paar wenigen einheimischen Touristen und einer großen französischen Reisegruppe – die neben ihrer ziemlichen Präsenz zumindest für einen genialen Moment lang auch zu unserer Erheiterung beiträgt (siehe Foto Bootsausflug – die zwei Profifotografen ,-))
Die Fahrt ist ruhig – vorbei an zwei Seelöwen- und Kormoraninselchen und dem berühmten Leuchtturm. Wir legen an einer kleinen Insel an – die dort aufgebaute Darstellung einer Ureinwohner Szene erscheint etwas skurril, aber das Wetter ist zu schön, um sich zu viele Gedanken über politische Korrektheit zu machen. Zum Abschluss der Rundfahrt werden wir noch mit was ganz Besonderem belohnt – einer Walsichtung. Wir stehen gerade direkt neben der Brücke des Kapitäns als Haimo die typische Wasserfontäne der Walatmung sieht, wie wir sie bereits aus Island kennen. Kurz darauf wird auch der Kapitän aufmerksam und drosselt die Fahrt und nähert sich den Walen langsam. Eine Weile schwimmen sie vor dem Schiff her und verabschieden sich schließlich mit einem Flossenschlag – und wir alle fahren glücklich zurück in den Hafen von Ushuaia. Es ist einfach immer wieder ein großartiges Erlebnis – damit hätten wir zu dieser Jahreszeit nun nicht mehr gerechnet.